"Wenn frischer Wind weht, schließen einige die Fenster - andere setzen die Segel." (Markus Wind)
So oder so ähnlich könnten Roberto Pätzolds Gedankengänge geklungen haben, als er sich für die gestrige Startaufstellung gegen den HSV entschieden hat. Gleich vier junge Kicker gaben gestern ihr Zweitligadebüt in der Profimannschaft der Schanzer. Und so viel vorneweg: Sie haben ihren Job richtig gut gemacht.
Die Aufstellung flatterte rein, als wir noch auf dem Weg zum Stadion waren. Die Überraschung war freilich groß, dass Interimstriner Pätzold viele der eigentlichen Stammkräfte auf der Bank ließ und dafür die "jungen WIlden" von Anfang an ran durften. Gerade U21-Kapitän Jonatan Kotzke war in der Innenverteidigung extrem stark und strahlte eine beeindruckende Selbstverständlichkeit aus. Aber auch Fabijan Buntic, Fatih Kaya und U19 Spieler Georgis Pintidis machten super Werbung für sich. Kaya schoß bei seinem 2.Liga Debüt auch noch gleich ein Tor für den FCI. Jens Keller, der ab heute neuer Trainer der Schanzer sein wird und das Spiel gestern sicherlich verfolgt haben dürfte, kann sich freuen, neben den etablierten Spielern nun auch bedenkenlos auf die nachrückende Generation vertrauen zu können. Pätzold, der gestern nichts zu verlieren hatte, war mutig und durchsetzungsstark. Damit hat er alles richtig gemacht und hat am Ende doch irgendwie gewonnen.
Gewonnen haben unsere Schanzer das Spiel gegen die Rothosen aus Hamburg leider nicht. Von allen Begegenungen wünsche ich mir einen Sieg gegen den HSV immer am meisten. Doch traurig war ich gestern trotzdem nicht. Die Mannschaft hat gemacht, was man bei dem aktuellen Level an Selbstvertrauen und diesem Gegener vor der Brust eben machen muss: sie haben gekämpft. Es wurde gegrätscht, es wurde gebissen, es wurde gefightet. Der ligaweite Stimmungsboykott in der ersten Halbzeit, dem sich auch der komplette Audi Sportpark angeschlossen hatte, hatte eines zum Vorteil: Jede gelungene Aktion auf dem Rasen wurde besonders gewürdigt, beklatscht und akustisch schön durch das ansonsten ruhige Stadion getragen. Selbst ohne organisierten Support war die Stimmung toll.
Ich hatte wirklich Spaß und das lag auch daran, dass Marcel Gaus gestern eine richtig klasse Partie spielte. Er kämpfte an allen Fronten, hatte die Körpersprache, die ich mir Woche für Woche von all unseren Profis wünsche und brachte auch fast alle seine Standards gefährlich an den Mann. Nach einem Zusammenprall mit Hwang musste er behandelt werden und wie das so ist, wenn der Lieblingsspieler verletzt am Boden liegt: man leidet mit. Glücklicherweise (auch für meinen Blutdruck) war das der einzige Moment des Spiels, an dem ich wirklich zittern musste. Trotz der teilweise spielerischen Überlegenheit der Hamburger hielten unsere Schanzer tapfer mit. Nach dem 0:2 passierte etwas, das ich auch schon länger nicht mehr gesehen habe. Beziehungsweise es passierte eben nicht. Keiner der Jungs ließ die Köpfe hängen, die Körpersprache war immer noch da, wir fielen nicht wie sonst oftmals zusammen. Und so belohnten wir uns kurz darauf ja auch mit dem Anschlusstreffer. Ein Remis wäre am Ende sicherlich gerecht gewesen, aber Fußball ist nun mal nicht gerecht. Deshalb passte das Lied "Kämpfen bis zum Ende" gestern auch so gut. Kämpfen bis zum Abpfiff des Spiels, kämpfen bis zum letzten Spieltag, kämpfen bis zum Ende. Mal schauen, welche Impulse jetzt von Neutrainer Jens Keller kommen.
Weitere Bilder zum Heimspiel gegen den HSV findet ihr HIER.